Das Sammeln von Literatur zu aktuellen Entwicklungen und Strömungen der zeitgenössischen Kunst stellt für eine Kunstbibliothek eine besondere Herausforderung dar. Im Gegensatz zu historischen Epochen, Stilen und persönlichen künstlerischen Leistungen fehlt die selektive Wirkung der zeitlichen Distanz sowie der sich über Generationen erstreckenden Kritik und systematischen Erforschung. Die Dokumentation einer zeitnahen Kunstströmung mit Originalpublikationen ist somit dem persönlichen Urteil und Geschmacksempfinden den für den Bestandsaufbau einer Kunstbibliothek verantwortlichen Personen in viel stärkerem Ausmaß unterworfen als die Akquisition von Literatur zur etablierten Kunst der Vergangenheit. Das Kunsthistorische Institut in Florenz, das im Jahre 1897 als eine Art öffentliches studiolo zur Unterstützung der Erforschung der italienischen Kunst gegründet wurde, war in den frühen Jahrzehnten seiner Existenz von diesem Dilemma zunächst kaum berührt. Es besteht kein Zweifel, dass seine Gründer mit der Institutsbezeichnung das Historische wörtlich meinten und bei der wissenschaftlichen Ausrichtung des neuen Instituts die alte Kunst Italiens, insbesondere jene der Florentiner Renaissance, nahezu exklusiv in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit rückten. Das ist keinesfalls selbstverständlich, denn zum engsten Umkreis der bei der Gründung aktiven und engagierten Persönlichkeiten gehörten Gestalten wie etwa Adolf Bayersdorfer, der einen sehr engen Kontakt zu Künstlern seiner Zeit pflegte. Ebenso waren hochrangige Künstler wie Adolf von Hildebrand oder Arnold Böcklin dem jungen Institut persönlich eng verbunden. Dennoch fand die zeitgenössische Kunst, ob traditionalistisch oder avantgardistisch ausgerichtet, weder in den Sammlungen der Bibliothek und der Photothek noch in den wissenschaftlichen Programmen des Instituts einen Niederschlag. Unter diesen Voraussetzungen ging denn auch die durchaus intensive und publizistisch ambitionierte Phase des Futurismus in Florenz zwischen den Jahren 1910 und 1920 spurlos am Kunsthistorischen Institut vorbei.
Es sollten rund 50 Jahre seit der Institutsgründung vergehen, bis sich in dieser Haltung ein grundlegender Wandel abzeichnete. Erst im Jahre 1953 lassen sich aus den Inventarbüchern der Bibliothek Erwerbungen ableiten, die direkt der futuristischer Kunst und den entsprechenden Künstlern zuzuordnen ist. Der Futurismus als solcher war zu diesem Zeitpunkt bekanntlich längst keine aktuelle Bewegung mehr, sondern gehörte der Vergangenheit an. Eine der allerersten Schriften, die in die Bibliothek aufgenommen wurden, war offenbar Severinis Tutta la vita di un pittore sowie ein Tafelband über ihn, beide 1946 erschienen, also keine futuristischen Originalschriften mehr im engeren Sinne. Aber schon wenige Monate später gelangte, ebenfalls als Erwerbung, also als bewusste Akquisitionsentscheidung, Boccionis Pittura, scultura futuriste von 1914 in den Bestand. Und spätestens seit 1958 kann von einer systematischen Einkaufspolitik gesprochen werden. Zahlreiche futuristische Manifeste, Ausstellungskataloge und Originalschriften der Futuristen wurden vorwiegend bei Florentiner Buchhändlern erworben. Schon 1960 kam es dann zu einer bemerkenswerten Schenkung von ca. 30 futuristischen Schriften, darunter viele von Marinetti, seitens des in Perugia lebenden Gerardo Dottori. Was mag den damals 76-jährigen, der futuristischen Bewegung bis an sein Lebensende (1977) treu gebliebenen Maler zu diesem Schritt bewogen haben? Wir kennen leider nicht die genaueren Umstände dieser Schenkung. Es ist aber davon auszugehen, dass es Dottori ein Anliegen war, die Sammlung der futuristischen Schriften in der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts zu bereichern bzw. aufbauen zu helfen. Angesichts der Mengenverhältnisse – um 1960 zählen wir weniger als 50 futuristische Originalwerke, während der Gesamtbestand der Bibliothek bei ca. 40.000 Bänden lag – erscheint das Letztere wahrscheinlicher. Wir haben gute Gründe anzunehmen, dass die Tätigkeit von zwei Mitarbeiterinnen am Institut für diese Ausweitung der Akquisitionspolitik ausschlaggebend war: seit 1953 war Christa Baumgarth Sekretärin am Institut. Sie war jedoch zugleich Wissenschaftlerin und arbeitete an einer Dissertation über den Futurismus. 1966 veröffentlichte sie die Überblicksdarstellung Geschichte des Futurismus, die bis heute zu den Standardwerken zählt. Es wäre denkbar, dass sie im Zuge ihrer Forschungen den persönlichen Kontakt zu Dottori gesucht und die genannte Schenkung an das Institut vermittelt hatte. Obwohl hauptsächlich mit der Verwaltung des Instituts beschäftigt, gehörte auch die Bibliothek zu ihrem Arbeitsgebiet. In der damals als Bibliothekarin tätigen Sandra Vagaggini-Galigani, die der Kunst des 20. Jahrhunderts ausgesprochen aufgeschlossen gegenüber war, fand sie anscheinend eine Gesinnungsgenossin. Denn nun wurde Literatur zur italienischen Kunst des Novecento in einem bis dahin unbekannten Ausmaß und auch retrospektiv erworben. So sind in dieser Zeit, neben den besagten futurischen Schriften, bereits in den Zwanzigerjahren oder noch früher erschiene Werke zu Künstlern wie Fattori, Previati, Signorini, Medardo Rosso oder Silvestro Lega ebenfalls in die Bibliothek gelangt. Im Februar 1954 wurden allein 50 Bände der Reihe Arte Moderna Italiana des Hoepli-Verlags inventarisiert, erworben beim Florentiner Buchhändler Caldini. Für den Aufbau der Sammlung der futuristischen Schriften waren die Jahre zwischen 1960 und 1965 die ertragsreichsten. Etwa die Hälfte der rund 500 futuristischen Originalwerke, die die Bibliothek heute verwahrt, gelangte in diesen Jahren in den Bestand. Eine wichtige Rolle spielte dabei offenbar der Buchhändler Salimbeni, der bereits in den Fünfzigerjahren die Bibliothek mit futuristischen Manifesten (1955) und mit Ausstellungskatalogen aus der Frühphase des Futurismus versorgte ebenso aber auch mit Literatur zu italienischen Künstlern um 1900 (Pelizza da Vopledo, Signorini, Segantini etc.) So konsequent man bis 1953 die futuristische Bewegung und die Kunst des Novecento bei der Akquisition ignorierte, so deutlich ist im Bericht des Kunsthistorischen Institutes von 1963 die Genugtuung über die Sammlung der futuristischen Schriften herauszuhören, die sich, so lesen wir, “zu einem wichtigen und einzigartigen Bestandteil der Bibliothek” entwickelt habe.
Mit derselben Genugtuung blicken wir auch knapp fünfzig Jahre später auf eine bemerkenswerte Sammlung in unserer Bibliothek, die im Laufe der Jahre, insbesondere der letzten zehn, durch gezielte Erwerbungen erheblich erwitert und auf rund 500 Originalschriften und einige Autographen verdoppelt wurde. Mit den Mitteln der modernen Datentechnik wollen wir den Zugang einem weiten, ja unbegrenzten Publikum ermöglichen, vor allem zu Werken, die bislang kaum oder gar nicht bekannt waren. In ihrer digitalen Form könnte diese Sammlung ein Knoten in einem Netzwerk weiterer futuristischer Dokumente werden, die sowohl die pure Kenntnis bereichern als auch der wissenschaftlichen Kommunikation eine neue Dynamik verleihen wird. Wenn also Umberto Boccioni bereits 1914 versicherte, dass der dinamismo universale jener «esponente lirico della moderna concezione della vita» sei, die auf «rapidità e contemporaneità di conoscenza e di comunicazioni» basiere, dann trifft dies heute mehr zu denn je.
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Una raccolta di letteratura sugli sviluppi e sulle tendenze attuali dell’arte contemporanea rappresenta per una biblioteca d’arte una sfida speciale. A differenza di epoche, stili e produzioni artistiche storiche, manca l’effetto selettivo della distanza nel tempo, come pure la critica e la ricerca sistematica svolta da più generazioni. La documentazione su una corrente artistica attuale con pubblicazioni originali si regge, quindi, sul parere personale e sul gusto dei responsabili della gestione del patrimonio di una biblioteca d’arte molto di più che nel caso dell’acquisizione di letteratura sull’arte del passato. Il Kunsthistorisches Institut in Florenz, che fu fondato nel 1897 come una sorta di studiolo pubblico per sostenere la ricerca dell’arte italiana, nei primi decenni della sua esistenza è stato appena sfiorato da questo dilemma. Non vi è dubbio che i suoi fondatori abbiano inteso alla lettera la parola storico presente nella denominazione dell’Istituto, volgendo quasi esclusivamente l’orientamento scientifico del nuovo istituto sull’arte antica italiana, in particolare quella del Rinascimento Fiorentino, sempre al centro della loro attenzione. Non che questo fosse del tutto ovvio, dal momento che nel ristretto cerchio delle personalità attive e impegnate nella fondazione dell’Istituto si trovavano figure come Adolf Bayersdorfer, che coltivò sempre un contatto personale con gli artisti del suo tempo, per non parlare di artisti di alto livello quali Adolf von Hildebrand e Arnold Bocklin che erano legati in modo molto stretto alla giovane istituzione. Nonostante questo, l’arte contemporanea, sia quella orientata in senso tradizionale che quella d’avanguardia, non trovava alcuna risonanza né nelle collezioni della Biblioteca o della Fototeca né nei programmi scientifici dell’Istituto.
Data tale premessa, passava praticamente inosservata dal Kunsthistorisches Institut la fase molto intensa e ricca di pubblicazioni del Futurismo a Firenze tra il 1910 e il 1920. Dovevano passare quasi cinquant’anni dalla fondazione dell’Istituto perché cominciasse a delinearsi un cambiamento fondamentale. Solo nel 1953 si possono riscontrare nei libri d’inventario della biblioteca acquisizioni correlate direttamente all’arte futurista e agli equivalenti artisti. Il Futurismo in quanto tale, in questa fase, com’è ben noto, era già lontano dall’essere un movimento attuale, bensì apparteneva al passato. Infatti tra i primi volumi collocati in biblioteca troviamo Tutta La Vita di Pittore delle Nazioni Unite di Severini, come pure una monografia su di lui, entrambi pubblicati nel 1946, quindi non più scritti futuristici originali in senso stretto. Solo pochi mesi più tardi arrivò nel patrimonio della biblioteca anche come acquisizione, cioè come una decisione deliberata d’acquisizione, Pittura, scultura futuriste di Boccioni del 1914. Quindi è almeno dal 1958 che si può parlare di una politica di acquisti sistematica. Molti manifesti futuristi, cataloghi di mostre e scritti originali dei futuristi sono stati acquistati principalmente nelle librerie fiorentine. Nel 1960 arrivò una donazione straordinaria di circa trenta scritti futuristi, tra cui molti di Marinetti, proveniente da Gerardo Dottori, che abitava allora a Perugia. Che cosa può avere indotto il pittore settantaseienne, che rimase fedele al movimento futurista fino alla sua morte (1977), a fare tale passo? Purtroppo non conosciamo le circostanze precise di questo dono. Tuttavia si presume che egli abbia considerato importante contribuire a costruire una collezione di opere futuriste nella biblioteca del Kunsthistorisches Institut, dato che intorno al 1960 esistevano meno di cinquanta opere futuriste originali, a confronto di un patrimonio totale di circa quarantamila volumi. Ci sono buone ragioni per ritenere che l’attività di due collaboratrici dell’Istituto sia stata decisiva per questa espansione della politica di acquisizione. Una di esse è stata Christa Baumgarth, a partire dal 1953 segretaria presso l’Istituto. Nonostante fosse principalmente impegnata nell’amministrazione dell’Istituto, anche la biblioteca faceva parte del lavoro di Christa Baumgarth, studiosa che ha lavorato su una tesi sul Futurismo, pubblicando nel 1966 Geschichte des Futurismus, uno studio che ancora si annovera fra le opere fondamentali sul tema. È ipotizzabile che nel corso della sua ricerca proprio lei abbia cercato un contatto personale con Dottori e che abbia procurato tale donazione per l’Istituto.
Sua compagna di spirito fu Sandra Vagaggini-Galigani che lavorava in quegli anni come bibliotecaria e che era molto ricettiva per l’arte del XX secolo. Da allora si cominciò ad acquisire letteratura sull’arte del Novecento italiano in una dimensione finora sconosciuta e anche in modo retrospettivo. Così sono giunte in biblioteca, oltre agli scritti futuristi già nominati, opere su artisti come Fattori, Previati, Signorini, Medardo Rosso o Silvestro Lega, pubblicate già negli anni Venti o anche prima. Solo nel febbraio del 1954 sono stati inventariati cinquanta volumi della collana Arte Moderna Italiana della casa editrice Hoepli, acquistati dal libraio fiorentino Caldini. Per l’incremento della collezione di scritti futuristi i più fruttuosi risultano essere stati gli anni 1960-1965. Circa la metà delle quasi cinquecento opere originali futuriste conservate oggi in biblioteca sono giunte proprio in questi anni, grazie anche al libraio Salimbeni che già negli anni Cinquanta riforniva la biblioteca con manifesti futuristi (1955) e cataloghi di mostre della prima fase del Futurismo, nonché con la letteratura su artisti italiani attivi intorno al 1900 (Pellizza da Volpedo, Signorini, Segantini, ecc.). Tanto tenacemente si ignorava sia il movimento futurista, sia l’arte del Novecento nelle acquisizioni fino al 1953 quanto palesemente si coglie nella relazione del Kunsthistorischen Institutes del 1963 la soddisfazione sulla raccolta delle opere futuriste, che sono diventate, come vi si legge, «una parte importante ed unica della biblioteca». Con la stessa soddisfazione, quasi cinquanta anni dopo, guardiamo ad una notevole collezione nella nostra biblioteca, che nel corso degli anni, soprattutto negli ultimi dieci anni e attraverso acquisizioni mirate, è stata significativamente ampliata e raddoppiata a circa cinquecento opere originali e alcune autografe. Con i mezzi della moderna tecnologia dell’informazione vorremmo consentire l’accesso a un largo, anzi illimitato pubblico, in particolare per le opere che finora erano sconosciute o poco note. Nella sua forma digitale questa collezione si propone di diventare il fulcro di una rete di documenti futuristi che da un lato arricchiscono la conoscenza pura e dall’altro infondono alla comunicazione scientifica un nuovo slancio dinamico, dando sempre più corpo e valore oggi all’affermazione di Umberto Boccioni che già nel 1914 assicurava che il dinamismo universale era «l’esponente lirico della moderna concezione della vita» che si basava su «rapidità e contemporaneità di conoscenza e di comunicazioni».
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